1. Seminarwoche in Mirow, 17.09. bis 22.09.2018

Vor der ersten Seminarwoche im FöJ hatte ich, ehrlich gesagt, ziemlich Bammel: Alle Teilnehmer*innen waren Fremde und ich wusste nicht, wie ich mich in die Gruppe einfügen würde. Bei uns kam noch ein Faktor hinzu, der meine Aufregung regelrecht explodieren ließ: Wir waren in Mirow (nördlich von Berlin an der Mecklenburgischen Seenplatte) campen und sind Kanu gefahren. Ich war noch nie in meinem Leben zelten, hatte es eigentlich auch nicht vor und vor Kanu fahren hatte ich sowieso eine Mordsangst.

Doch ich bin ins kalte Wasser gesprungen (zum Glück nicht wortwörtlich) und kann sagen, dass ich in dieser Woche meinen Horizont um 500% erweitert habe.

Das erste Treffen der Gruppe war natürlich noch sehr schüchtern, alle blieben in der Konstellation, in der sie angereist waren. So auch ich und wir schliefen zu fünft in einem Zelt, dessen Komfort zwar zu wünschen übrig ließ, aber deswegen waren wir ja auch nicht dort.

Unser Wunsch und Motto der Woche wurde „aus der Komfortzone treten“, was für jeden etwas anderes hieß: vegetarisch essen, 24 Stunden draußen sein und zelten, Privatsphäre einbüßen, paddeln, Teamwork und so weiter… Ich glaube, wir alle haben in der Woche viel gelernt. Ein kleiner Einblick in meine persönlichen Erfahrungen:

Lektion 1: Privatsphäre wird überschätzt. Dennoch bin ich morgens eine Stunde vor allen anderen aufgestanden, um in Ruhe in den Tag starten zu können.

Lektion 2: Im Kanadier paddeln lernen. Mir ist ungefähr alle 5 Minuten das Herz stehen geblieben, aber irgendwie hat es doch Spaß gemacht.

Lektion 3:  Schmerzende Glieder ignorieren. Donnerstag haben wir eine Rundtour mit den Kanadiern und Kajaks gemacht – 18 km sollten wir zurücklegen! Jeder von uns dachte, dass das unmöglich sei, doch die Anblicke schönster Natur belohnten die Anstrengungen reichlich. Und am Ende sind wir ohne Verluste am Zeltplatz angekommen.

Was aber das Highlight jeden Tages war, waren die Erzählungen über indigene Völker von Ingo, der leitende Teamer beim Paddeln. Er verfügt nicht nur über eine Menge Wissen, sondern besitzt auch das Talent eines Geschichtenerzählers. Abends vor dem Lagerfeuer seinen Geschichten zuzuhören hat den Tag richtig ausklingen lassen und mein Interesse an dem Thema geweckt.

Nach dieser Woche fürchte ich mich nicht mehr vorm Zelten, werde aber nie wieder freiwillig in einen Kanadier steigen 😉 Und, für mich die wichtigste Lektion, ich esse seit dieser Woche kein Fleisch mehr – der Wille und Mut dazu sind mit dieser Woche in Mirow gekommen.

Es folgt die Moral von der Geschicht` : Wer ein FöJ macht, sammelt während der Zeit in der Einsatzstelle viele Erfahrungen, aber auch die Seminare bieten eine Horizonterweiterung sondergleichen.

An dieser Stelle bedanke ich mich bei allen Mitgliedern der Seminargruppe F, dass Ihr eine so tolerante und harmonische Gruppe seid! Mit Euch haben alle Seminarwochen viel Spaß gemacht und ich habe mich sehr wohl gefühlt.
Ich hoffe, Ihr findet alle Euren Weg im Leben und gestaltet ihn so, dass jeder Tag ein neues Abenteuer (oder zumindest eine neue Erfahrung) bereit hält.

Eure Katarina

Seminareinblicke – Tobi Rosswog bei uns in Zeven

Um ein wenig deutlich zu machen, was man verpasst, wenn man sich gegen ein FÖJ und somit auch gegen die fünf Seminare entscheidet, die es kostenlos zum FÖJ dazu gibt, möchte ich von einem besonderen Mann erzählen, den unsere Seminargruppe I kennenlernen durfte.

Das Seminar, bei dem wir von ihm besucht wurden, fand dieses Mal in Zeven auf einem kleinen, putzigen Bio-Bauernhof statt und hatte als Hauptthema „Ernährung, Landwirtschaft und Konsum“. Es war der dritte Abend als ein junger Mann mit langen Haaren und Bart zu uns in unser Seminarhaus kam und in eines der Zimmer einzog. Wer war dieser Herr? Hatten wir ein neues Mitglied in unserer Seminargruppe?

Erst am nächsten Morgen beim Frühstücken erfuhr ich dann, dass der neue Mitbewohner mit dem Aussehen eines kiffenden Hippies der uns angekündigte Tobi Rosswog ist. Ein junger Mann, der durch sein Lebensziel bekannt geworden ist, geldfreier zu leben und es dadurch schon geschafft hat, viel Aufmerksamkeit auf das Thema Konsum zu lenken.

Nach dem Frühstück war es dann so weit und Tobi stellte sich uns allen vor. Mit unglaublich viel Motivation und positiven Vibes machte er uns mit seinem Lebensstil und seiner Bewegung „Living Utopia“ bekannt.

Tobi hatte nämlich eines Tages beschlossen geldfrei zu leben. Fast alles was er hatte verschenkte er und lebte von da an nur mit dem, was er wirklich zum Leben braucht. Mittlerweile ist leider auch er nicht drum herumgekommen, doch ein wenig Geld für Vorsorge und Handyflat zu nutzen. Doch die Aufgabe bleibt die gleiche: Die durch seinen Lebensstil verfügbare Zeit nutzt er, um eine bessere Welt zu schaffen, über Konsum aufzuklären und den Menschen nah zu bringen, wie man selbst mithelfen kann.

Wir beschäftigten uns beispielweise mit ihm zusammen damit, wie es möglich ist, im Alltag selbst den Konsum ein wenig herunterzuschrauben. Ob man Food Sharing betreibt, trampt oder mit seinen Freunden und/oder Freundinnen eine Kleider-Schenk-Party veranstaltet: Irgendwie, haben wir gelernt, ist es immer möglich, selbst ein wenig für eine bessere Welt zu tun. Man muss nur den Po hochkriegen.

Die Begegnung mit Tobi war für mich einer der Höhepunkte des Seminars. Mit so viel Energie und Motivation anderen etwas beibringen zu wollen und zu können, das ist heutzutage echt einzigartig und ich bin froh dass ich in meinem FÖJ diese Erfahrung sammeln durfte.

Dabei durften wir uns auch im Vorurteile überwinden üben, denn: Tobi lebt drogenfrei und eine Hippie ist er auch nicht.

Ein kleines FÖJler-Gedicht

Armin, Rode!

Oh du nasser Regen,
freilich ist’s kein Segen.
Hoffentlich kommt bald Sonne!
Das wär eine wirklich wahre Wonne.
Denn Sonnenstrahlen umhüllen mein Herz,
die einzige Wärme in mir, wie eine Kerz‘.

Oh du frischer Frühlingstau,
belebst die jungen Knospen.
Da kommt der Bär aus seinem Bau
und reibt sich an einem Pfosten.
Da erblickt der Bär ein Reh:
„Was ist denn das was ich da seh?“

Oh welch kräftige Tatzen!
Die Ohren steif, das Herz am Rasen,
das Reh hört plötzlich auf zu grasen.
Vor Schreck gelähmt, steht es da
und sieht sich schon dem Tode nah.
Boom ein Bagger!

Man hört einen dumpfen Prall,
alles färbt sich rot.
Blut ist überall
und der Bär ist Tot!

Der Bär ist nicht das einzige Opfer,
es folgen viele Tode.
Armin denkt: „Es sterben alle,
wenn ich noch weiter rode!“

– Seminargruppe I